Tag 6 – Von Hauptstadt zu Hauptstadt

Von der Bierhauptstadt Pilsen in die Landeshauptstadt Prag

Hallo zusammen! Mein Name ist Kilian und ich darf mich ein zweites Mal glücklich schätzen, mit dieser Truppe eine sagenhafte Tour zu erleben. Dieses Jahr bin ich mit Team 2 unterwegs, das heißt, dass wir unsere Laufabschnitte um die Mittagszeit abspulen.

Für einige Lauf-KulTouristen ist es nichts Ungewöhnliches, wenn ein neuer Tourtag mit dem Aufstehen in einer Turnhalle beginnt. Für mich war es eine Premiere. Turnhallen kannte ich bis dahin nur als Ort des Aktivseins. Wenn Turnmatten zu Matratzen werden, dann kann ich mich als Sportbegeisterter damit super identifizieren. 😊

Morgens 5:00 Uhr nahm der Weckbeauftragte seine Arbeit auf und verhalf uns (mehr oder weniger freiwillig) den Tag zu begrüßen. Nach der individuellen Morgenroutine, der Stärkung zum Frühstück und der Beladung beider Transporter startete der eigentliche Arbeitstag für uns aktive Sportler. Team 1 ist leicht verspätet gegen 07:10 Uhr aufgebrochen. Wenig später nahm auch Team 2 gemeinsam mit Team 3 die Verfolgung auf. Uns erwartete ein trockener, überwiegend bewölkter Tag, bei Temperaturen um die 20°C und etwas Wind. Wir verließen Pilsen und vor uns lag die bis dahin längste Etappe mit rund 125 Kilometern und etwas mehr als 1.100 Höhenmetern. Als wir Pilsen hinter uns gelassen hatten, konnte sich Ralph, einer aus unserem so wertvollen Betreuerteam, folgendes Zitat nicht verkneifen: „Nach Pilsen zu fahren, ohne ein Pils zu trinken…das muss man auch erstmal schaffen!“ Wo er Recht hat, hat er Recht! Daran erkennt man allerdings, wo aktuell die Prioritäten liegen…bei all den isotonischen Vorteilen, die einem Bier zugeschrieben werden, wollte niemand am Abend des Vortages in der Stadt einen Pub aufsuchen und sich den Geschmack der lokalen Hopfenkaltschale gönnen. Stattdessen war das Bedürfnis nach Schlaf größer. Für einen Lacher sorgte außerdem ein Radler aus Team 3. An Tag sechs ist scheinbar seine Müdigkeit und Konzentrationsfähigkeit schon auf einem Level angekommen, dass er nicht mehr bemerkte, dass er seine Radlerhose verkehrtherum angezogen hatte. Die Lacher und Scherze waren ihm auf den ersten Kilometern sicher.

Wie schon an den Vortagen, durfte das erste Team wieder überdurchschnittlich viele Höhenmeter fressen. Die Freude darüber sinkt dort von Tag zu Tag. Bei uns in Team 2 gäbe es dafür genug Leute, die sehr gerne die Höhenmeter laufend überwinden würden. Aber die Topografie lässt sich nun mal nicht ändern. Nach zwei kleinen Umwegen (unwegsamer Pfad und unpassierbare Baustelle) erreichte Team 1 schließlich den ersten großen Wechselpunkt. Nun konnte unser Team starten. Wir sollten nicht weit kommen. Nach etwa 40-50 Metern gab es eine böse Überraschung. Ich sah plötzlich, wie unser Startläufer Florian wild an seinem Hals herumfuchtelte. Doch es war zu spät. Er wurde von Hornissen angegriffen. Zwei Stiche waren am Hals zu erkennen und ein weiterer Stich am Ellenbogen. Wir sind direkt an einem Hornissennest vorbeigelaufen, das sich in einem Birkenbaum befand. Da wir uns noch in der Nähe des Wechselpunktes befanden, haben wir diesen erst einmal wieder angesteuert, um Florian mit unseren Mitteln bestmöglich zu versorgen. Eine passende Salbe wurde im Transporter bzw. in den medizinischen Sets der Teilnehmer gesucht und kurze Zeit später auch gefunden. Währenddessen wurde die angeschwollene Stelle zunächst mit Wasser gekühlt und kurz darauf mit dem Saft einer aufgeschnittenen, halben Zwiebel behandelt. Nach dem kurzen Schreck und einigen Minuten Behandlung war Florian dennoch gewillt, seinen Lauf anzugehen und in seinem Tempo durchzuziehen. Sportsman like!

Ein paar Kilometer habe ich ihm abgenommen. Florian war froh drüber, dass er nur einen kürzeren Abschnitt laufen brauchte. Ich habe ehrlich gesagt absolut nichts dagegen, wenn meine Laufparts länger sind und ich mich auf der Laufstrecke austoben darf. Im Verein der Lauf-KulTour bin ich dafür bekannt, dass ich gern und viel laufe 😊. Auf meinem Abschnitt ging es größtenteils kontinuierlich leicht bergab. Ich durfte die Höhenmeter vernichten, die Team 1 zuvor erlaufen hatte. Während meiner Laufabschnitte bin ich mit speziellen Sohlen unterwegs. Kurz vor dem Start der Lauf-KulTour 2022 haben wir von der Professur der Sportgerätetechnik der Technischen Universität Chemnitz Sensoren zur Druckverteilung der Füße während der Belastung erhalten. Diese Sensoren haben wir Dank der Unterstützung des Chemnitzer Laufladens Wearwolf in die Innensohlen eingearbeitet und individuell angefertigt. Neben mir haben zwei weitere Sportler Bereitschaft signalisiert, bei dieser Untersuchung mitzumachen. Somit hat die Lauf-KulTour neben dem karitativen und aufmerksamkeitsfördernden Zweck zugunsten der Duchenne-Stiftung auch einen wissenschaftlichen Zweck. Für die TU Chemnitz ist es dank der Lauf-KulTour somit möglich, reichlich Druckverteilungsdaten bei Feldtests bei längeren Läufen unter realen Bedingungen zu erhalten.

Ein einziger, nennenswerte Anstieg wartete auf dem Kurs von Team 2. Diesen durfte die dritte Läuferin überwinden. Für Läufer 4 boten sich auf dem Weg zum nächsten großen Wechselpunkt nur wenige Highlights. Die Gewissheit Prag und dem Essen am Wechselpunkt immer näher zu kommen, trieb ihn an. Die endgültige Position des Wechselpunktes wurde noch kurzfristig variiert. Doch dem zügigen Wechsel auf Team 3 hinderte es nicht. Entlang eines Nebenflusses der Moldau näherte sich Team 3 der tschechischen Landeshauptstadt Prag. Der Weg vom Stadtrand ins Zentrum erwies sich für uns als recht zäh. Das Vorwärtskommen im dichten Stadtverkehr, in einer fremden Stadt, mit einer größeren Gruppe und mit einigen Radelnden, die dem Fahren in Gruppen nicht ganz vertraut sind, erfordert doppelte Aufmerksamkeit und Energie.

Wenn einem Sportler doch mal die gute Laune abhandengekommen oder er sich in einem Motivationstief befindet, reicht es in der Regel aus, sich für zwei Minuten in der Nähe von Daniel alias „Musikaner“ aufzuhalten. Mit seiner positiven Lebensfreude, seinen unberechenbaren Sprüchen oder seiner oftmals ungewollten Komik, steckt er in der Regel jeden im Tour-Tross zum Lachen an. Einfach herrlich der Typ. 😉

In Prag gab es ein Treffen am Rathaus mit einem Offiziellen der Stadt. Ein Gruppenbild auf der Treppe vorm Rathaus wurde eingefangen und kleine Präsente ausgetauscht. Auch hier gab es einen herrlich komischen Moment. Ein Geschenk, welches wir eben erst seitens der Stadt überreicht bekommen hatten, wollte einer von uns ihm als Dankeschön wieder zurückgeben. Einige lagen gekrümmt vor Lachen auf der Rathaustreppe und der Auslöser des Ganzen schaute verdutzt. Was eben Schlafmangel und Erschöpfung bei einigen so anstellen kann…

Von der Rathaustreppe schoben wir unsere Räder zur Karlsbrücke, dem Wahrzeichen der Stadt, dass nur wenige Gehminuten entfernt lag. Dort angekommen organisierte Chris für uns Tour-Teilnehmer und -Betreuer eine Überraschung und verteilte Trdelník, ein süßes, rollenförmiges Germgebäck. In deutschen Gefilden auch als Baumstriezel bekannt, beliebt und meist schnell vergriffen. Sehr lecker! Anschließend konnte jeder auf die Karlsbrücke, um individuelle Fotos zu schießen. Inzwischen ist es dunkel geworden und wir waren noch immer nicht an unserem Ziel bzw. unserer Übernachtungsmöglichkeit angekommen. Also für alle, die Beleuchtung dabeihaben, Licht ans Rad anbringen und die letzten 8-9 Kilometer unter die Räder nehmen.

Gegen 21:00 Uhr war das Ziel nun endlich erreicht. Es erwartete uns eine kleine Kapelle der Prager, brüderlichen Gemeinde. Ein herrlicher Kontrast zur geräumigen Sporthalle am Vorabend. Doch nicht weniger reizvoll. Wann, wenn nicht hier, fallen solche Sätze wie: „Wir sammeln die Lauf-KulTour-Tracker zum Aufladen am Altar!“ J Gegessen wurde draußen im Dunkeln. Wer duschen wollte, dem stand ein Gartenschlauch zu Verfügung. Mit der Lauf-KulTour unterwegs zu sein, heißt eben immer auch zu improvisieren bzw. sich auf den Begebenheiten vor Ort ein- und überraschen zu lassen. Nachdem sich jeder gestärkt und sich für die Nacht fertig gemacht hat, fand jeder sein Schlafplätzchen zwischen den Kirchenstühlen. Nun hieß es schnell Kräfte sammeln für die nächste Etappe, denn wir wollen auch morgen mit der Duchenne-Stiftung für die gute Sache aktiv sein.

Wenn auch Du diese Tour an sich bzw. die wichtige Arbeit der Duchene-Stiftung unterstützen möchtest, kannst Du auch heute noch einen Beitrag leisten. Überweise gern deinen möglichen Betrag auf unser Spendenkonto mit dem Verwendungszweck Spende:
Lauf-KulTour e.V.

IBAN: DE61 8705 0000 3552 0046 87

BIC: CHEKDE81XXX

Sparkasse Chemnitz

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